Hardangerjokulen-Umrundung: Trekking rund um den Gletscher

Hardangerjokulen-Umrundung

Im Anschluss an die Ost-West-Durchquerung der Hardangervidda stand eine Umrundung des Hardangerjokulen an. Vier Tage immer den Gletscher im Blick. Eine alpine Tour im hohen Norden.

Tourinformationen

GPS-Track und Karte

Karte und GPS-Track Hardangerjokulen

Karte und GPS-Track Hardangerjokulen

Map Data: © OpenStreetMap Mitwirkende

Karten

Markierung und Wegbeschaffenheit

Der Weg ist überwiegend mit dem typischen roten T markiert. Wo es sehr nass ist ist der Weg mit Pflöcken markiert. Das führt auch gleich zu der Bodenbeschaffenheit. Hier ist von festem Trampelpfad über sumpfige Passagen bis zu Geröll, Blockwerk und Fels alles dabei. Flüsse müssen hin und wieder überquert werden, was aber je nach Wasserstand auch ohne Furten möglich ist. Teilweise war es aber schon grenzwertig auf den Steinen balancierend das andere Ufer zu erreichen.

Ausgangs- und Endpunkt

Ich starte von Liseth aus in die Tour. Besser gesagt vom 1km entfernten Garden aus, wo sich ein Campingplatz befindet. Der Campingplatz bietet alles was man nach ein paar Tagen Tour braucht. Duschen, Waschmaschine, Aufenthaltsraum und einen kleinen Supermarkt. Liseth befindet sich nur 700m vom Vøringfoss entfernt in der Gemeinde Eidfjord. Von Bergen sind es 170 km, nach Oslo 300 km.

Verkehrsanbindung

Mit dem Auto erreicht man Liseth und Garden ganz bequem auf der E7. Hier fährt auch je zweimal am Tag auch ein Bus in Richtung Bergen und Oslo. Nicht gerade oft und dazu auch nicht sonderlich bequem. Ich würde auf jeden Fall empfehlen mit dem Bus nur bis zum nächsten Bahnhof, z.B. Geilo, zu fahren und von hier dann mit der Bergenbahn weiter zu fahren.

Wer nicht schon von der Hardangervidda kommt ist sicher mit Finse als Start- und Endpunkt besser bedient. Hier fährt die Bergenbahn mehrmals täglich nach Bergen und Oslo. Außerdem gibt es im Bahnhof von Finse einen wunderbar warmen Warteraum.

Bahntickets kann man seit kurzem übrigens nicht mehr direkt am Bahnhof in Finse kaufen. Ihr könnt aber einfach beim Einsteigen dem Schaffner Bescheid geben, er kommt dann nach der Abfahrt zu euch und ihr könnt direkt bei ihm euer Ticket lösen.

Etappen

  • Liseth – Skaltjorna (↑ 1090m → 24 km ∅ 9,5h)
  • Skaltjorna – Finse (↑ 840m → 22 km ∅ 8h)
  • Finse – Rembesdalseter (↑ 400m → 30 km ∅ 9h)
  • Remdesdalseter – Liseth (↑ 720m → 19km ∅ 8h)

Reisebericht und Erfahrungen

Ich war schon einige Tage in der Hardangervidda unterwegs. Kräftezehrend aber schön war die Tour. Aber eben weitestgehend eben. Nach dem steilen Aufstieg von Geilo auf die Vidda gab es auf den Etappen nur kurze Steigungen zu bewältigen. Und so freute ich mich auf die Umrundung des Hardangerjokulen. Die Tour verspricht bergige Routen und gleichzeitig den Anschluss ans Fjell.

Nur eines machte mir Sorgen – das Wetter. Schon die letzten Tage regnete es täglich und manche Sachen wollten einfach gar nicht mehr trocken werden. Der Wetterbericht versprach auch für die nächsten Tage nichts Gutes. Und eines war klar: Wenn es weiterhin regnet, der Wind noch auffrischt und die Temperaturen tatsächlich nicht über 4° hinaus kommen wird es schwierig.

Liseth – Skaltjorna

Der Morgen verspricht Gutes. Es sieht nicht nach Regen aus und so packe ich früh mein Zelt auf dem durchnässten Campingplatz in Garden ein mache mich auf den Weg. Nach einem kurzen Stück an der Straße biege ich nach auf einen Feldweg Richtung Liseth ab. Der Weg ist weder auf der Papierkarte noch auf der GPS-Karte verzeichnet und führt direkt zum Gästehaus in Liseth.

Hier stehe ich dann unverhofft vor einer Entscheidung. Die Wegweiser führen alle nach Kraekkja und Kjeldebu, kein einziger zur Rembesdalseter, meinem eigentlichen Tagesziel. Da kein weiterer Wegweiser zu finden war und ich ja ohnehin den Hardangerjokulen einmal umrunden wollte fackelte ich also nicht lange und entschied mich kurzerhand den Gletscher von Osten aus zu umrunden.

Nach wenigen Metern verließ ich den Ort und aus dem Feldweg wurden Bohlen in sumpfigem Gelände. Bald schon hat es sich dann auch mit den Bohlen erledigt und so ging es zunächst altbekannt ständig einsinkend durch den Morast entlang des Isdolo bevor der Anstieg begann. Nach einem kurzen steileren Aufstieg auf das Stalhatten geht es mehr oder weniger auf einer Höhe weiter. Schafe am Weg, ungewöhnlich zutraulich. Obwohl ich den ganzen Tag kaum einem Menschen begegne scheinen die Schafe hier keine Scheu zu haben.

Bald öffnet sich der Blick das erste Mal auf der Hardangerjokulen. Beeindruckend. Von der Entfernung kann man nur erahnen welche Dimensionen der Gletscher haben muß. Wie ein überzuckerter Tafelberg liegt er vor mir und ich kann es kaum erwarten näher zu kommen. Zunächst aber geht es etwas weg von ihm. Noch vor dem Abstieg zum Sysenvatnet gilt es einige Seen und vor allem einige kurze steile Ab- und Aufsteige zu meistern.

Brücke am Leirro, im Hintergrund der Hardangerjokulen

Brücke am Leirro, im Hintergrund der Hardangerjokulen

Nach dem steilen Abstieg und einer kurzen Rast mit Müsliriegeln zur Stärkung geht es dann wieder in Richtung Gletscher. Ich folge dem Weg nach Norden. Nass ist es hier. Sehr nass. Ich sinke ein ums andere Mal knöcheltief im Matsch ein und verfluche mein zu hastiges Packen. Warum nochmal habe ich die Gamaschen nicht eingepackt? Und dann erwischt es mich. Ich sinke bis fast zum Knie mit meinem rechten Bein ein. Zum Glück merkt man ja recht schnell dass man keinen Tritt findet und so ziehe ich den Fuß in Bruchteilen von Sekunden wieder aus dem Morast. Zum Glück läuft die Brühe nicht in den Schuh, gut genug zugeschnürt. Dafür trage ich ab sofort eine Matschschicht an Fuß und Bein mit mir herum.

Ich begegne noch einigen Wandern die von Finse aus Richtung Kjeldebu unterwegs sind und quere einige Bäche. Ich will noch bis zum Gletschersee Skaltjorna kommen und dort mein Lager für die Nacht aufschlagen. Wie jeden Tag beginnt es natürlich kurz vor Etappenziel zu regnen. Ich bin inzwischen 6h und 20km unterwegs. Ich begegne noch einigen Trekkern die nach Süden unterwegs sind. Ratlos stehen sie sprichwörtlich im Regen. Weiter oder bleiben? Ich rate jedem Einzelnen zum Bleiben. Das Gelände im Süden ist einfach derart durchnässt, dass ich dort nicht mein Zelt aufschlagen wollte.

Nach einer Stunde lässt der Regen endlich nach. Genau zur richtigen Zeit. Gerade erreiche den See. Ich fülle noch schnell Wasser nach und gehe dann auf einem Schaftrack am See entlang bis ich einen geeigneten Zeltplatz finde. Er ist eben, grade groß genug für die Fläche des Zeltes und mit Ausblick auf eine Gletscherzunge des Hardangerjokulen und See. Was will man mehr? Gerade noch rechtzeitig baue ich das Zelt auf bevor da Wetter wieder einen Weltuntergang vorhersagt. Es regnet in Strömen und als ob das noch nicht genug wäre treibt der Wind der Regen peitschend über die Landschaft. Für heute bekommt mich niemand mehr aus dem Zelt. Schade eigentlich. Die Aussicht auf die Gletscherzunge ist wirklich malerisch.

Hardangerjokulen-Umrundung

Vielleicht der schönste Zeltplatz den ich je hatte. Direkt am Ufer des Gletschersees mit Ausblick auf eine Gletscherzunge des Hardangerjokulen.

Skaltjorna – Finse

Am nächsten Morgen werde ich durch die Schafe oder besser gesagt durch die Glocken der Schafe geweckt. Am Vortag war ich mir nicht ganz sicher, aber der Pfad an dem ich am See entlang ging bis ich einen geeigneten Zeltplatz fand sah ja schon nach Schaftrack aus. Jetzt wusste ich dass ich tatsächlich mitten in einem Schaftrack mein Zelt aufgestellt hatte.

Der Ausblick an diesem Morgen entschädigte für den regnerischen Vorabend. Blauer Himmel überall. Ein klarer See und endlich die Chance ein paar Sachen zu trocknen. So verbringe ich hier noch einige Zeit und gehe erst am späten Vormittag los.

Schon der Aufstieg mit knapp 400 Höhenmetern war mit Highlights gespickt. Eiskalte Seen in denen noch Eisschollen vom Winter trieben, ein Wanderweg der mehr im See als um den See herum ging, breite Flüsse die ohne Brücke zu queren waren und einfach immer wieder wechselnde Landschaften. Nach dem Scheitelpunkt dann auch viele große Schneefelder. Im Abstieg dann auf der einen Seite die Weite in Richtung Finse und den Hardangerjokulen auf der anderen Seite.

Kaum zu glauben, aber der Weg führt hier tatsächlich immer am Fels entlang am Langvatnet

Kaum zu glauben, aber der Weg führt hier tatsächlich immer am Fels entlang am Langvatnet

Eis treibt im See, letzte Überbleibsel des Winters

Eis treibt im See, letzte Überbleibsel des Winters

Gegen 17:00 Uhr erreiche ich dann Finse. Am Bahnhof wärme ich mich kurz im Warteraum auf und unterhalte mich mit einigen anderen die ihre Tour hier gerade beendet haben und nun auf den Zug Richtung Oslo warten. Aber es ist Regen angesagt, also gehe ich schnell weiter in Richtung Rembesdalseter. Zumindest bis zum Ende des Finsevatnets soll es heute noch gehen.

Und dann passiert es. Nur 1-2km vor meinem Tagesziel beginnt es zu regnen. Zu allem Überfluss frischt auch noch der Wind merklich auf. Als ich letztlich am Ende des Sees angekommen bin bin ich von oben bis unten nass. Soweit kein Problem, habe ja Regenklamotten an. Das Problem – ich finde keinen geeigneten Zeltplatz. Alles steht unter Wasser oder ist zu exponiert im Wind. Aber es hilft ja nichts. Ich lege meinen Trekkingrucksack unter einen Felsvorsprung und baue bei peitschendem Wind (laut Wetterarchiv hatte es an dem Abend hier Windstärke 7) und Regen mein Zelt an einer wenigstens etwas windgeschützten Stelle auf. Das geht erstaunlich gut, aber ich kühle währenddessen einfach aus. Es dauerte einige Stunden in Zelt und Schlafsack bis ich wieder aufgewärmt war. Noch so eine Nacht brauche ich nach mittlerweile 10 Tagen auf Tour nicht mehr…

Finse – Remdesdalseter

Heute soll es zur Remdesdalseter gehen. Wenn das Wetter passt. Aber es passt nicht. Es regnet immernoch. Da ich ja noch in der Nähe von Finse bin habe ich noch Netzempfang. Also sehe ich mir den Wetterbericht von YR an. Dank stromsparender Nutzung des Handys ist ja noch genug Akkuleistung da. Starker Wind, Regen, 4°. Nach dem letzten Abend habe ich davon allerdings genug. Immer wieder schaue ich mir die Wettervorhersagen an, doch letztlich entscheide ich mich dafür heute im Zelt zu bleiben und erst am nächsten Tage weiter zu gehen sollte es das Wetter zulassen.

So verbringe ich also einen Tag im Wesentlichen im Zelt. Ich bin froh dass ich mit den beiden Apsiden des Chinook 1P in Summe ein halbwegs geräumiges Einpersonenzelt dabei habe und so gut abwettern kann. Sobald die Sonne mal für einen Augenblick rauskommt gehe ich raus und tanke Energie, aber schon nach wenigen Minuten fing es immer wieder an zu regnen.

Am nächsten morgen musste ich mich endgültig entscheiden. Weiter, oder zurück? Meine Lebensmittelvorräte würden noch für zwei Etappen reichen und im Notfall könnte ich auf der Hütte den Vorrat nochmal aufstocken. Aber nach einem Tag im Zelt wollte ich auch auf jeden Fall weiter. Egal wohin. Als ich aufwachte war es immernoch regnerisch. Also blieb ich erstmal liegen und wartete noch ein wenig ab. Es hörte einfach nicht auf zu regnen. Obwohl der Wetterbericht einen sonnigen Tag vorhergesagt hatte…

Also packte ich zusammen und ging schweren Herzens zurück nach Finse. Noch einen Tag mehr bei kaltem Wind und Dauerregen wandern wollte ich mir nicht antun.

Die größeren Flüsse sind alle mit einer Hängebrücke ausgestattet

Ein letztes Mal über eine der Hängebrücken – Die größeren Flüsse sind alle mit einer Hängebrücke ausgestattet

Zurück geht es mit der Bergenbahn. Hier die alten Gleise.

Zurück geht es mit der Bergenbahn. Hier die alten Gleise.

Remdesdalseter – Finse

Viel kann ich zu der Etappe natürlich nicht berichten, ich bin ja nicht mehr komplett durchgelaufen. Am Ende der Tour liegt aber der Vøringfoss. Ein beeindruckender Wasserfall mit tollem Ausblick in den Eidfjord. Ich bin dann von der E7 aus noch hier hierher gegangen und will euch den Anblick natürlich nicht vorenthalten.

Fazit

Am Ende siegte die Vernunft und die letzten zwei Etappen fehlen mir für die komplette Umrundung des Hardangerjokulen. Aber irgendwann werde ich das nachholen. Zu verheißungsvoll die ersten zwei Tage rund um den Gletscher. Was bleibt ist mein bisher sicher schönster Zeltplatz überhaupt am Skaltjorna und jede Menge toller Eindrücke. Auf jeden Fall eine Empfehlung für jeden der seine Trekkingtour durch die Hardangervidda verlängern will!

 

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