Big Sky Chinook 1P im Praxistest

Zelt Big Sky Chinook 1P

Freistehend und leicht sollte es sein. Für eine Person und dabei trotzdem mit genug Raum um auch mal Schlechtwetter abwettern zu können. Nach langer Recherche ist es das Big Sky Chinook 1P geworden. Die Möglichkeit das Zelt fast vollständig zu konfigurieren habe ich dabei fleißig genutzt.

Konfiguration des Chinook 1P

Wer direkt in den USA bestellt kann das Big Sky Chinook 1P entweder komplett im Satz bestellen oder nach Herzenslust konfigurieren. Da ich mit dem Hilleberg Unna schon ein super Zelt für 4 Jahreszeiten habe ging es mir hauptsächlich darum eine leichtere freistehende Alternative für 3 Jahreszeiten zu haben. Hier meine Konfiguration:

  • Chinook 1P: Basisgewicht 1.395g
  • Außenzelt: SuprSil RipStop-Nylon, Farbe: Sonnengelb (Marigold)
  • Innenzelt: atmungsaktives Nylon (+ 59g)
  • 2 Hauptstangen: 3-seasons rated Ultra Light aluminum poles, folded length 43cm (-95g, absolut je 149g)
  • 3. Stange: 4-Seasons DAC NSL 9mm aluminum pole, folded length 36cm (168g)
  • Silnylon Packsack (+30g)
  • Abspannleinen: 6 Abspannleinen & 6 Ti „V“ Heringe (+83g)
  • Stangenreparaturhülse
  • Packmaß: Ø15 x 45 cm (gemessen) ≙ 7,9l

In Summe ergibt das ein Gewicht von 1.540g (nachgewogen). Nicht Ultraleicht, aber das war auch nicht das Ziel. Dafür ist es ein sehr stabiles Zelt für eine Person und für 3+ Jahreszeiten geeignet.

Chinook 1P Komponenten

Chinook 1P Komponenten v.l.n.r.: Reparaturhülse, Heringe, Abspannleinen, Zelt im Packsack, Hauptstangen, Querstange

Technische Daten

Was interessiert uns bei einem Zelt?

  • Wassersäule Außenzelt: 1500 mm
  • Wassersäule Boden: 3000 mm
  • Wettertauglichkeit: je nach Konfiguration der Zeltstangen von 3-4 Jahreszeiten, meine Konfiguration 3+ Jahreszeiten
  • Gewicht: In der Basiskonfiguration ohne Abspannleinen 1.395g, meine Komplettkonfiguration 1.500g, nachgewogen 1.540g

Das Chinook 1P im Einsatz

Der Aufbau ist sehr einfach. Innen- und Außenzelt werden in einem Rutsch aufgebaut und so ist das Innenzelt (fast) immer trocken. Ohne Heringe hing bei mir ein Stangenende der Querstange leicht in der Luft und die langen Längsseiten hingen ein wenig durch. Ich fixiere beim Aufbau zuerst die 4 Haupteckpunkte mit UL-Heringen bevor ich das Außenzelt über die Clips in die Stangen einhänge. Dabei gehe ich nicht reihum sondern setze die Heringe diagonal. Das verhindert auch dass die Stangen beim einhängen nochmal aus der Ecköse rutschen wie man es in manchem Erfahrungsbericht lesen kann. Bei Wind kann man das Zelt noch mit bis zu 6 Abspannleinen stabilisieren.

Stangenclips am Chinook

Stangenclips am Chinook

Der Boden des Chinook 1P ist im Vergleich zu einem PU beschichteten Boden sehr rutschig. Abhilfe schafft hier ein gutes Auge bei der Standortwahl oder ein wenig SilNet. Das Silnet trägt man einfach in einigen Streifen oder Punkten auf dem Boden auf um das Rutschen zu verhindern. War aber bisher für mich nicht nötig.

Das Innenzelt ist für eine Person groß genug auch wenn es nicht allzu geräumig ist. Durch die 230cm Länge des Innenzeltes passt aber auch noch der Trekkingrucksack gerade so mit ins Trockene. Im Gegenzug erhält man aber auch zwei große Apsiden zum Kochen oder für nasse Ausrüstung.

Nylon-Innenzelt des Chinook 1P

Nylon-Innenzelt des Chinook 1P

Zur Belüftung hat Big Sky dem Chinook Deckenlüfter, Mesh-Fenster im Innenzelt und ein an den Längsseiten nach oben raffbares Außenzelt spendiert.

Der Packsack ist sehr gut dimensioniert, die Spannriemen könnte man auch weglassen. Schließlich ist es ein Leichtzelt und bei den kleinem Packmaß braucht man nun wirklich keine zusätzlichen Spannriemen. Dagegen ist die Zugentlastung an den Reißverschlüssen der beiden Eingänge eine gute Idee, ich habe hier immer wieder ordentlich Spannung beim Zeltaufbau.

Zugentlastung am Eingang

Zugentlastung am Eingang

Im Praxiseinsatz, z.B. in der Hardangervidda, hat sich das Chinook 1P absolut bewährt. Starken Wind und kräftigen Regen hat das Chinook bisher ohne Probleme weggesteckt. Und wenn ich ehrlich bin – ich nutze in solchen Nächten noch nicht mal alle Abspannpunkte. In der Regel spanne ich das Zelt sogar überhaupt nicht ab. Nur wenn wirklich starker Wind vorhergesagt ist nutze ich die Abspannpunkte zur zusätzlichen Stabilisierung.

Vom Chinook 1P zum Revolution 1P

Wer in wärmeren Gefilden bzw. ohne Wetterkapriolen unterwegs ist kann bei Bedarf auf die dritte Zeltstange verzichten. Die beiden Apsiden können dann jeweils mit einem Hering abgespannt werden. Letztlich macht man damit aus dem Chinook 1P ein Revolution 1P und spart sich gleich nochmal ca. 168g Gewicht.

Big Sky Revolution

ohne Querstange wird das Big Sky Chinook zu einem Big Sky Revolution

Bestellung

Ich habe das Zelt direkt bei Big Sky auf der Herstellerhomepage in den USA bestellt. Die Firma ist mehr oder weniger eine One-Man-Show, unterhält aber in Großbritannien ein EU-Warehouse so dass man sich den Einfuhrzoll spart. Bestellungen aus der EU werden automatisch über das EU-Warehouse versandt.

Die Lieferzeit betrug 2 Monate (!), da darf man sich auch nicht von der Verfügbarkeit auf der Homepage von Big Sky blenden lassen. Alternativ könnt ihr auch bei dem ein oder anderen UL-Versandhandel in Deutschland bestellen. In diesem Fall habt ihr aber weniger Möglichkeiten das Zelt nach euren Bedürfnissen zu konfigurieren.

Auch der Kontakt ist etwas schwierig. Von den versprochenen 24h Antwortzeit auf E-Mails ist man noch etwas entfernt. Mal klappt es, mal dauert es mehrere Tage. Wenn ihr aber Bob erreicht wird euch wirklich bei jeder Frage gut und gerne geholfen. Wer sich das Zelt direkt in den USA bestellt sollte nur etwas Geduld mitbringen.

Erfahrungen

Zeltaufbau

Das Zelt ist wie weiter oben schon beschrieben natürlich tatsächlich sehr schnell aufgebaut. Die außen liegenden Stangen machen den Aufbau wirklich einfach. Kein Verhaken der Stangen im Gestängekanal, einfach einklipsen und fertig. Nach dem diagonalen Setzen der 4 Heringe an den Enden der Längsstangen ist das Zelt schon am Boden fixiert und bietet dem Wind so wenig Möglichkeiten es als Segel zu nutzen. Nur bei starkem Wind sollte man sich beeilen. Man richtet das Zelt auf während es noch nicht alleine stabil steht. In diesem Augenblick ist es ein Windfang. Aber das ist wirklich erst bei sehr starkem Wind ein Problem.

Größtes Manko bis jetzt: die S-Haken mit denen das Innenzelt an den Eckpunkten eingehängt ist haben sich bei mir mit der Zeit aufgebogen. Da habe ich wohl beim Aufbau ein wenig zu viel Spannung erzeugt. Letztlich hängen sich dann die Ecken gerade bei Wind, also genau dann wenn man es am wenigsten braucht, aus. Lösung: Ich habe die offenen S-Haken mit S-Binern ersetzt. Alternativ hätte es auch einfach eine (Gummi-)Kordel als Ersatz getan, ich will mir aber die Option offen halten das Innenzelt zukünftig je nach Einsatzzweck mit dem größeren Innenzelt des 1Plus im Wechsel zu verwenden.

Pros

  • Freistehend und stabil
  • Fotogene Farbe 🙂
  • Grundfläche und Volumen des Außenzeltes
  • 2 große Apsiden – zum Kochen oder zum Lagern von nasser Kleidung und Ausrüstung
  • 2 Eingänge (gut zum Durchlüften wenn es mal wärmer ist oder zur Auswahl des besseren Einganges bei starkem Regen im Wind)
  • Konfigurierbar
  • leichter Einstieg – kein Verrenken
  • Außen- und Innenzelt kann gemeinsam aufgebaut werden
  • viele Belüftungsmöglichkeiten (bis hin zum Durchzug durch 2 Eingänge)

Cons

  • als Leichtzelt natürlich etwas filigraner
  • richtig straff wird das Außenzelt nur bei sehr starkem Zug auf die Querstange
  • großer Luftspalt am Außenzelt – etwas ungewöhnlich für ein 4-Jahreszeiten-Zelt
  • S-Haken der Innenzeltverbindung zum Außenzelt biegen mit der Zeit auf
  • die Gummizüge in den Stangen sind nach 3-4 Jahren schlaff – ein Austausch ist aber schnell gemacht

Alternativen

Freistehende Alternativen bei vergleichbarem Gewicht im gleichen Preissegment gibt es wenige. Wer aber beim Preis nochmal was drauflegt findet inzwischen sogar freistehende Zelte mit weniger als einem Kilogramm. Hier einige Alternativen:

  • Das Trekkertent Soar ähnelt dem Hilleberg Unna, kommt aber mit einem „dreiviertel“-Innenzelt. Das spart Gewicht und schafft gleichzeitig eine Apsis. Inzwischen gibt es das Zelt sogar in einer DCF-Variante.
  • Wer nur etwas mehr Platz im Innenzelt haben möchte wird beim Chinook 1Plus fündig. Hier füllt das Innenzelt das Außenzelt bei Bedarf noch mehr aus so dass die Fläche im Innenzelt größer ist. Den Raumgewinn im Innenzelt bezahlt man aber mit 200g mehr Gewicht. Bei den neueren Zelten kann man das Innenzelt des 1Plus auch einzeln nachkaufen – so hat mein Außenzelt des 1P die weiteren Befestigungspunkte für das 1Plus in den Apsiden bereits vorgesehen.
  • Das Vaude Space Seamless 1-2 ist bei nur 1.590g Gewicht (Herstellerangabe) ein sehr geräumiges Kuppelzelt für eine Person mit 2 Apsiden. Dabei ist eine Apside nur von innen zugänglich und eignet sich daher gut für das Gepäck während die zweite Apside als Eingang und Kochnische genutzt werden kann.
  • Das Tarptent Rainbow kann mit Hilfe von Trekkingstöcken (quer an den Stirnseiten angebracht) freistehend aufgebaut werden, die Windstabilität von sich kreuzenden Stangen wird so aber natürlich nicht erreicht.
  • Noch leichter wird es wenn Du zu einem freistehenden Zelt aus Cuben Fibre greifst. Das kostet dann allerdings und mit dem Zeltstoff wird auch nicht jeder warm. Eine gute Übersicht für freistehende Cuben-Zelte findest Du im Ultraleichtforum.

Fazit

Beim Gewicht spare ich im Vergleich zum Hilleberg Unna rund 700g und habe dennoch ein freistehendes Zelt für 3+ Jahreszeiten. In den Schnee würde ich es so nicht mitnehmen, aber für gemäßigte Touren für 3 Jahreszeiten in Skandinavien, UK oder den Alpen ist das Chinook 1P genau das richtige Zelt für mich. Wer es noch leichter will muss wohl darauf verzichten ein freistehendes Zelt zu haben und auch im Platzangebot und Einstiegsmöglichkeiten Abstriche machen. Das Chinook 1P hat es auf jeden Fall auf meine Trekking-Packliste geschafft und hat mich u.a. schon nach Norwegen über die Hardangervidda oder auf dem GR221 begleitet.

 

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