Cumulus Lite Line 400. Unschlagbar günstig für einen Daunenschlafsack (?). Aber Du kannst ihn auch individuell anpassen: Optionen, Erfahrungen und Praxistest.
Konfiguration des Cumulus Lite Line 400
Ich schlich schon lange um den Cumulus Lite Line 400 herum. Aber wenn, dann sollte er schon genau auf meine Anforderungen konfiguriert sein. Schließlich bin ich mit meinem (nicht mehr erhältlichen) Ajungilak-Schlafsack mit einer Komforttemperatur von -5°C und teilweise wasserdichten Membran an sich absolut zufrieden. Er ist einfach nur für viele Touren überdimensioniert und zu schwer.
Optionen
Den Cumulus Lite Line kannst Du fast beliebig konfigurieren:
- Länge und Breite – gut um den Schlafsack an seine Körpermaße anzupassen. Egal ob bei XL-Überlängen, großen Größen oder zur Gewichtsreduktion bei kleineren Maßen
- Daunenmenge und Qualität – Wie viel Isolierung darf es sein? Standard-Daunen oder hydrophobe Daunen?
- Außen- und Innengewebe – Winddicht, Atmungsaktiv oder einfach nur möglicht leicht in eigener Farbwahl?
- Füllungsverhältniss – Seiten- oder Rückenschläfer? Als Seitenschläfer kann sich eine 50:50 Füllung anbieten, wer auf dem Rücken durchschläft kann die Daunen mehr auf die Oberseite verteilen
- Überfüllung (Overfill) – Wer leicht an bestimmten Stellen friert kann die neuralgischen Stellen oder gleich den ganzen Schlafsack mit mehr Daunen füllen lassen
- Reißverschluss (Länge und Breite) – je kleiner und kürzer desto weniger Gewicht
Meine Konfiguration
Es sollte ein Schlafsack her der genau für meine Anforderungen passt:
- deutlich leichter als mein Ajungilak-Schlafsack – Zielgewicht < 700g
- Komforttemperatur bis an den Gefrierpunkt
- winddicht
- unempfindlich gegen hohe Luftfeuchtigkeit (offenes Biwak, Übernachtung direkt am Wasser (z.B. beim Paddeln)
- mit Innentasche
Die eierlegende Wollmilchsau sollte es also werden. Kein Wunder dass ich so lange gezögert habe mir den Schlafsack am Ende zu gönnen. Hier meine finale Konfiguration:
- Daunenmenge: 400g
- Daunenqualität: 850 cuin hydrophobic
- Außengewebe: Pertex Quantum Pro 36 g (weinrot, ist aber eher ein normales rot)
- Innengewebe: Toray Airtastic 19 g (schwarz)
- Füllungsverhältniss: 55/45
- Reißverschluss: 5 mm 2/3
- Komforttemperatur: 2°C
- Grenztemperatur: -4°C
- Schlafsack-Gewicht: 681g
Gewicht
Ich wollte es natürlich genau wissen und habe nachgewogen: Was wiegt der Schlafsack in Realität?
- Schlafsack-Gewicht: 689g
- Packsack: 18g
Gut, 8g neben den Herstellerangaben. Aber darüber kann ich gut hinwegsehen. Das Gewicht vom Packsack spare ich mir ohnehin, der Schlafsack kommt einfach mit allen anderen Sachen in den Rucksackliner.
Erfahrungen
Bestellung
Die Konfiguration erfolgt über die deutschsprachige Seite von Cumulus einfach und ohne Probleme. Dabei kann man die Veränderungen in den Temperaturbereichen und im Gewicht jederzeit sehen. Wer zu den einzelnen Optionen noch mehr Informationen benötigt wird bei jeder Option mit für mein Empfingen ausreichenden Informationen fündig.
Die Bezahlung habe ich über Kreditkarte abgewickelt. Da es sich bei einem Custom-Schlafsack um eine kundenspezifische Anfertigung handelt wird die Kreditkarte dann auch direkt nach der Bestellung belastet.
Lieferung
Die Lieferzeit betrug bei mir 5 Wochen. Bei der Bestellung konnte ich eine Packstation als Adresse angeben, hilft nur nichts wenn das Paket dann nicht mit DHL sondern stattdessen mit DPD versandt wird. Du erhältst aber die DPD Sendungsnummer und kannst das Paket ohne Problem umleiten. In meinem Fall hat der Versand aus Polen insgesamt nur 3 Arbeitstage gedauert. Dabei habe ich die Lieferung dann einfach an einen DPD Paketshop in meiner Nähe umleiten lassen.
Etwas verwundert war ich über das recht kleine Paket. Der Schlafsack war zwar nicht aufs äußerste komprimiert, aber auch nicht locker im Aufbewahrungssack. All zu lange sollte man das Paket also nicht auf sich warten lassen wenn man die Daunen schonen will. Aber wer will das bei einem neuen Schlafsack schon?
Verarbeitung
Da ich ja schon eine Cumulus Daunenjacke habe hatte ich zur Verarbeitung des Schlafsackes wenig Bedenken. Zunächst war ich aber sogar positiv überrascht. Während meine Incredilite Daunenjacke vom ersten Tag weg immer wieder einzelne Daunen durch die Nähte verloren hat ist der Lite Line 400 wirklich daunendicht verarbeitet.
Nach ca. 20 Nächten hat sich aber leider die erste Naht in der Fußbox auf ca. 3cm Länge gelöst so dass der Schlafsack Daunen verloren hat. Unterwegs habe ich mir mit einem Tape beholfen, da der Schlafsack aber noch nichtmal ein halbes Jahr alt war habe ich ich den Schlafsack zur Ausbesserung bei Cumulus reklamiert.
Der Schlafsack wurde soweit ich das beurteilen kann gut ausgebessert, das ganze hat aber dann mit dem Versand zu und von Cumulus immerhin 15 Tage mitten in der Trekking-Hochsaison gekostet. Aber selbst dafür musste ich mehrfach nach dem Bearbeitungsstand nachfragen, pro-aktiv kommuniziert Cumulus leider während der Reklamationsabwicklung nicht. Auch für die Rückerstattung der Sendungskosten musste ich als Kunde leider erst nochmal nachhaken.
Praxis-Erfahrungen
Inzwischen habe ich ich den Schlafsack u.a. auf dem GR34, dem Pembrokeshire Coast Path, einigen Mikroabenteuern und auf zahlreichen Trekkingtouren, z.B. auf dem Pilgrimsleden, eingesetzt. Dabei hat er sich bisher mit wenigen Abstrichen (siehe den Abschnitt „Verarbeitung“) bewährt. Beim Biwakieren ohne Zelt, u.a. direkt an der Küste, hat die Außenhülle zuverlässig den Tau von der Füllung abgewiesen und bis 5° Außentemperatur war mir der Lite Line 400 i.d.R. absolut ausreichend warm. In der Praxis steht man mit dem Tauwasser auf dem Schlafsack aber dann natürlich immer noch mit einer nassen Schlafsackhülle da. All zu sehr sollte man den Schlafsack danach also nicht komprimieren wenn man keine Zeit zum kompletten Trocknen des Schlafsackes hat. – Sonst drückt man die Feuchtigkeit am Ende doch noch in die Daunen.
Bei Temperaturen über 10° nutze ich den Schlafsack trotz des verkürzten Reißverschlusses als Decke. Solange man seine Beine dabei nicht genau auf den Reißverschluss-Ansatz legt klappt das erstaunlich gut. Trotzdem würde ich beim nächsten mal wahrscheinlich den durchgehenden RV wählen, die paar Gramm Mehrgewicht sind den einfacheren erweiterten Nutzungsbereich als Decke sicher wert wenn man nicht eh noch einen Quilt für den reinen Sommereinsatz sein eigen nennt.
Das entscheidende, den versprochenen Temperaturbereich, hält der Schlafsack bis jetzt. Ich bin aber natürlich gespannt wie sich die Daunen und damit der Loft über die Nutzungsdauer in Zukunft entwickeln.
Look & Feel
Schon beim Auspacken merkt man dem Lite Line die leichte Bauweise an. Die Stoffe sind dünn und fühlen sich auch so an. Dabei ist das ultraleichte Innengewebe Toray Airtastic sehr angenehm auf der Haut. Das Pertex Quantum Pro Außengewebe knistert zu meinem Erstaunen ein wenig und fühlt sich nicht ganz so angenehm an. Letztlich ist eben auf dem eigentlichen Gewebe eine Membran-Beschichtung aufgebracht was dann auch noch dazu führt dass das Gewebe sehr rutschig ist. Da kann man schonmal von der aufblasbaren Isomatte, in meinem Fall eine NeoAir Xlite, rutschen wenn man sich zu viel bewegt.
Im Packsack verkörpert der Schlafsack natürlich den Eindruck von absoluter Leichtigkeit bei kleinstem Packmaß. So macht sogar packen Spaß wenn man gefühlt nur eine Kleinigkeit in den Rucksack packt.
Reißverschluss
Der kürzere Reißverschluss war bis jetzt die richtige Wahl. Das Ein- und Aussteigen geht auch bei dieser Länge gut. Bei warmen Temperaturen muss ich im Gegenzug natürlich darauf verzichten ihn als Decke verwenden zu können. Man muss nur ein wenig aufpassen dass man den Reißverschluss nicht zu weit öffnet, ansonsten muss man den Zipper erst wieder einfädeln.
Ansonsten schließt der Reißverschluss ohne Verklemmen mit der daunengefüllten Abdeckwulst die die Kältebrücke am Reißverschluss schließt.
Kapuze
Die Kapuzenform finde ich etwas ungünstig gewählt. Gerade wenn man den Schlafsack an seiner Komforttemperatur verwendet will man sie ja auch schließen, dabei ist die Kapuzenform aber so groß geschnitten dass hier meines Erachtens die Daunen nicht perfekt körpernah um den Kopf herum liegen. Warm ist sie natürlich, aber hier wird m.E. Gewichtspotential verschwendet. Die Form findet man so aber bei vielen Schlafsäcken.
Innentasche
Die Innentasche erhält leider wegen ihrer Lage im Schlafsack Abzüge. Als Seitenschläfer und generell ist die Innentasche idealerweise auf der Seite des Reißverschlusses (bzw. auf der gegenüberliegenden Seite der Schreibhand) und damit in aller Regel in Blickrichtung platziert. Im Cumulus Lite Line ist sie aber immer auf der rechten Seite. Das ist auch auf den Bildern des Herstellers zu sehen. Dennoch ist sie dort meines Erachtens bei einem Schlafsack mit Reißverschluss auf der linken Seite maximal unpraktisch. Ansonsten ist sie aber groß genug für warm zu haltende Akkus, eine Stirnlampe und alles was man sonst so gerne auch in der Nacht schnell erreichen will.
Lüften
Da ich ja als Außenstoff Pertex Quantum Pro gewählt habe ist die Atmungsaktivität etwas geringer als bei Stoffen ohne wasserabweisende Membran. Das heißt, je nach Taupunkt kann es sein dass die Nachts selbst abgegebene Luftfeuchtigkeit, immerhin ca. 0,5l, noch im Schlafsack hängt wobei durch die hydrophobe Daune die Daunen selbst ja auch gar nicht mehr so viel Feuchtigkeit aufnehmen.
Das Außengewebe in meiner Version verhindert aber eben auch dass von außen Luftfeuchtigkeit oder Kondenswasser in den Schlafsack kriechen kann. Für meinen Einsatzzweck in regenreichen Gebieten oder oft nah am Wasser sollte die Kombination gut passen. Bin aber noch auf Langzeiterfahrungen gespannt.
Zum Lüften drehe ich den Schlafsack am Morgen einfach noch im Zelt auf links und lasse ihn während dem Frühstück auslüften. Im Sommer werde ich den Schlafsack wenn möglich auf links gedreht mit dem schwarzen Innenstoff in die Sonne legen. Das Auslüften und Trocknen klappt so aus Erfahrung mit anderen Schlafsäcken sehr gut und schnell.
Aufbewahrung
Den Cumulus Lite Line 400 kannst Du entweder im mitgelieferten Aufbewahrungssack lagern oder an zwei kleinen Schlaufen am Fußende aufhängen.
Fazit Cumulus Lite Line 400 (Custom)
Mir ist bis jetzt nur eine einzige Alternative zu den Cumulus Custom-Schlafsäcken bekannt. Die konfigurierbaren Schlafsäcke von PHD in Großbritannien. Habe aber mit diesen Schlafsäcken keine Erfahrungen und dank Brexit könnte diese Option in Zukunft schon alleine auf Grund der Zölle uninteressant werden.
Grundsätzlich ist die Idee eines konfigurierbaren Schlafsackes super, aber ehrlicherweise darf man sich schon die Frage stellen ob die Optionen den Mehrpreis wert sind wenn man an sich rein von den Körpermaßen auch zu einem Schlafsack mit Standardmaßen greifen könnte. Auf der anderen Seite habe ich über mehrere Jahre hinweg auch keinen Schlafsack von der Stange mit vergleichbaren Merkmalen zu einem günstigeren Preis gesehen.
Wenn man sich für einem individuellen Schlafsack entschieden hat ist der Cumulus Lite Line für mich bisher die richtige Entscheidung gewesen. Verbesserungsbedarf sehe ich vor allem in der Lage der Innentasche die sich auf der für mich „falschen“ Seite befindet.
Bei dem rutschigen Außengewebe Pertex Quantum Pro liegt die Entscheidung letztlich bei einem selbst. Weniger rutschig heißt eben entweder ohne Membran oder mit richtiger mehrlagiger Membran was dann wieder mehr Gewicht auf die Waage bringt. Auf einer Schaumstoff-Isomatte erledigt sich das „Rutschproblem“ ohnehin.
Pro
- Gewicht
- Packmaß
- individuelle Konfiguration, u.a.
- hydrophobe Daunen
- wasserresistenter Außenstoff
- individuelle Reißverschlusslänge
- Daunenfüllmenge (Füllungsverhältnis und partieller Overfill)
Con
- Außenstoff knistert
- Innentasche nicht auf der Seite des Reißverschlusses
- Kapuzenform
- teuer
- Verarbeitung
- rutschig – in Kombination mit der NeoAir Xlite wird es dann sogar extrem rutschig
- Knebel des Packsackes und der Kapuze halten die Spannung nicht dauerhaft
Der Cumulus Lite Line 400 bildet bei mir trotz der kleinen Schwächen gemeinsam mit der TAR NeoAir Xlite oder auch mit der TAR Z-Lite mein Schlafsystem für 3 Jahreszeiten beim Trekking und Ultraleicht Trekking bei feuchten Bedingungen. Wenn er sich weiterhin im Praxiseinsatz beweist wird er auch seinen Platz auf meiner Trekking-Packliste bekommen. Den muss er sich aber erst noch in weiteren Praxiseinsätzen verdienen.
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