Trekking auf dem Jämtlandstriangeln – und weil es so schön ist gleich noch eine mehrtägige Erweiterung im schwedischen Fjäll dazu.
Tourbeschreibung
Das Fjällgebiet Jämtland liegt im Osten von Mittelschweden, direkt an der Grenze zu Norwegen. Es bietet uns als Teil des Skanden-Gebirges sanfte Gebirgszüge und alpine Gebirgslandschaften wie das Gebirgsmassiv Sylarna. In Deutschland eher weniger bekannt finden wir hier unzählige gut markierte Wanderwege in allen Schwierigkeiten und mit verschiedensten Übernachtungsmöglichkeiten. Neben den Fjällstationen und kleineren Hütten gibt es hier auch zahlreiche Not-Shelter auf halber Wegstrecke, sicher vor allem für Wintertouren angelegt.
Das Jämtlandstriangeln, zu deutsch Jämtlands-Dreieck, ist eine in Schweden sehr bekannte 3-Tages Tour zwischen den STF Fjällstation Storulvån, Sylarna und Blåhammaren. Dementsprechend gut ausgebaut und frequentiert sind hier die Wege. Die nur 47km lange 3-tägige Wegstrecke ist damit auch bestens für Einsteiger geeignet – egal ob man nun in einer der Hütten oder im Zelt übernachtet.
Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen dass uns hier trotz des Andrangs einfach eine wahnsinnig schöne Landschaft erwartet. Und da es hier eben wirklich schön ist, habe ich an die bekannte Jämtlandstriangeln einfach noch eine zweites Wegdreieck nach Süden ergänzt. Hier ist dann auch gleich bedeutend weniger los obwohl es nicht minder schön ist. Wer mag könnte auch gut und gerne nochmal ein paar Tage im östlichen Jämtland ergänzen.
Map Data: © OpenStreetMap Mitwirkende
Papierkarten
- Calazo, Jämtlandsfjällen 1:100.000
- Fjällkartan Z6 von Lantmäteriet
Digitale Karten
- Fjällkartan von Lantmäteriet
- Freizeitkarte Schweden
- OSM Topo
- OpenandroMapSchweden
Toursteckbrief
- Strecke: 100km
- Höhenmeter: 2.600m im Auf- und Abstieg
- Start und Ende: Fjällstation Storulvån
- An- und Rückreise:
- mit Auto über die E14 und direkt zur Fjällstation (Parken entlang der Straße oder kostenpflichtig an der Hütte)
- mit dem Zug nach Duved und von hier mit dem Wänseth Buss zum Startpunkt
- Markierung: beschriftete Wegweiser an Abzweigungen, rot-oranger Punkt entlang der Pfade
- Wegbeschaffenheit: Trampelpfade; schwierige Flüsse mit Brücken, sumpfiges Gelände mit Holzplanken entschärft
- Beste Jahreszeit: Mitte Juli – Anfang September
- Übernachten: in den Hütten oder mit Zelt
- Trinkwasser: ausreichend an Flüssen und Bächen
- Informationen des STF: The Jämtland Triangle
Etappen
Jämtlands-Dreieck:
- Storulvån – Sylarna (↑ 510m ↓207m → 16km ∅ 6h)
- Sylarna – Blåhammaren (↑ 480m ↓414m → 18km ∅ 8h)
- Blåhammaren – Storulvån (↑ 135m ↓500m → 12km ∅ 5h)
Erweiterung:
- Sylarna – Helags (↑ 350m ↓450m → 21km ∅ 7h)
- Helags – Gåsen (↑ 680m ↓500m → 17km ∅ 8h)
- Gåsen – Sylarna (↑ 435m ↓635m→ 16km ∅ 7h)
Übernachten
Dank Jedermannsrecht können wir die Etappen flexibel planen oder unser Nachtlager spontan aufschlagen. An den STF-Hütten darf mit etwas Abstand ebenfalls gezeltet werden. Gegen eine Servicegebühr kann man dann sogar die Einrichtungen der Hütte (Selbstversorger-Küche, Sanitäranlagen, Sauna,…) nutzen.
Achtung: Die Gåsen Fjällstuga schließt ab 01.01.2024 dauerhaft!
Tourbericht
Nach 2 Jahren sollte es endlich wieder nach Skandinavien gehen. Und nach vielen Jahren ist es nun endlich Trekking in Schweden geworden. 3 Touren standen insgesamt auf dem Plan und so bin ich nach dem Pilgrimsleden in Westschweden nun im Jämtland angekommen. Außer der Jämtlandstriangeln und den Startetappen des südlichen Kungsleden habe ich im Vorfeld kaum Tourenberichte zu dieser wunderschönen Fjällregion gefunden. Je nach Wetter war von vornherein klar: Wenn alles passt, dann verlängere ich die Jämtlandstriangel um einige Tage. Und, so soviel vorweg – es passte einfach alles.
Storulvån – Sylarna
Nach meiner Tour auf dem Pilgrimsleden komme ich früher als erwartet an der Fjällstation Storulvån an und bin schon voller Tatendrang. Aber es setzt natürlich kurz darauf auch schon ausgiebiger Regen ein. War ja klar, wäre auch zu schön gewesen. Macht aber nichts, nach einer Weile legt sich der Regen und es geht gegen 13:00 Uhr endlich wieder ins Fjäll.
Schon von den ersten Metern an hat es mich wieder gepackt. Bald schon geht es über die erste Brücke, und obwohl es erst noch durch einen niedrigen Birkenwald geht ist die karge Fjäll-Landschaft einfach schon zu spüren. Die sumpfigsten Stellen werden hier allerdings von Beginn an mit Holzplanken entschärft. Meine Füße sollten also trocken bleiben.
Nach dem ersten Anstieg zweigt der Weg dann Richtung Sylarna ab. Schnell ist die erste schwankende Hängebrücke erreicht, danach ein kleiner Aufstieg. Das Sylarna-Gebirge immer im Blick geht es danach durch herrlich karge Landschaft weiter. Erst nach der Überquerung des Flusses Enan geht es wieder mit etwas mehr Steigung entlang des Sylälven nach oben zur Sylarnas Fjällstation.
Das Wetter zieht am frühen Abend sichtlich zu und auch wenn die Wetter-Apps noch keinen Regen ankündigen wollen bin ich mir sicher dass er nicht mehr all zu lange auf sich warten lassen wird. Und so beginnt es dann auch schon wenige Meter nach der Fjällstation in Strömen zu regnen. Macht nichts, ich finde es hier einfach nur noch schön. Nach knapp einem Kilometer finde ich eine schöne Stelle auf einer kleiner Anhöhe neben dem Sylälven, baue mein Zelt auf und bin einfach nur glücklich hier zu sein.
Sylarna – Helags
Der Regen lässt früh morgens nach und bald sieht man die Sonne durch die sich verziehenden Wolken durchblitzen. Es verspricht ein toller Tag zu werden. Also stehe ich schon früh auf und genieße die klare frische Luft beim sanften Aufstieg rund um den Herrklumpen. Selbst wer nur die kurze Variante, also nur das eigentliche Jämtlandstriangeln, läuft, dem würde ich den Rundweg um den Herrklumpen bei gutem Wetter empfehlen. Einfach herrlich.
Im weiteren Verlauf können wir immer wieder Rentiere aus nächster Nähe beobachten. Obwohl ich gerade auf einer Etappe des südlichen Kungsleden unterwegs bin ist hier wohl wenig genug los so dass die Rentiere kaum scheu haben. Bei herrlichem Sonnenschein und einer leichten Brise geht es weiter nach Süden. Das Gebirgsmassiv des Sylarna im Rücken nähern wir uns den Bergen bei Helags.
Nach 21km und ein paar Flussquerungen, teils balancierend auf Steinen (ein richtiges Furten war nicht nötig), ist die längste Etappe der Tour wie im Flug vergangen. Kurz vor der Helags Fjellstation überquere ich dann das das erste Mal den Handølan, der hier noch ein kleiner Bach ist. An der Hütte ist dann wieder reger Betrieb, vor allem Trailrunner haben sie an diesem Tag hier eingefunden.
Ich gehe also noch einmal einen Kilometer weiter um ein wenig Abseits zu übernachten. Nach der nächsten Bergkuppe werde ich in einer Senke an einem kleinen See mit Bach fündig. Eine wohltuende Wäsche und eine ausgiebige Doppelportion Trekkingnahrung später schlafe ich zeitig ein…
…um bald schon durch eine kräftige Böe, die mein noch unabgespanntes Zelt ganz schön nach unten drückt, geweckt zu werden. War es zunächst noch fast windstill hat es inzwischen merklich aufgefrischt. Also spanne ich das Zelt noch rundrum gut ab und beschwere nach einem Blick in die Wettervorhersage die Heringe zusätzlich mit Steinen. Für die Nacht wird inzwischen ein dauerhafter Wind von 16m/s (Windstärke 7) bis über 21m/s (Windstärke 9) in Böen vorhergesagt. Ich mache mir zwar wenig Sorgen um das Zelt, aber laut wird es wahrscheinlich werden. So laut, dass die Ohrstöpsel am Ende auch nicht mehr viel helfen sollten.
Helags – Hulke
Die Nacht war, sagen wir, ein Erlebnis. Selten habe ich derart lauten Wind erlebt. Mein Zelt, das Big Sky Chinook 1P, hat mich zwar auch dieses Mal nicht im Stich gelassen, aber an erholsamen Schlaf war kaum zu denken. Dafür war es schlicht und einfach zu laut. Da es am Morgen auch noch regnet drehe ich mich gerne noch ein paar mal um und döse noch ein wenig vor mich hin bevor es dann am späten Vormittag losgeht.
Das Wetter klart auf und die Bedingungen zum Wandern sind wieder optimal. Die ersten Kilometer fühlen sich herrlich an. Und obwohl es ja nur ein wenig entfernt vom Vortag nun wieder nach Norden geht ist die Landschaft doch wieder ganz neu. Zumal sich ab der Überschreitung des Bergrückens des Miesehketjake auch ein ganz neuer Ausblick öffnet. Zumindest könnte sich ein neuer Ausblick öffnen, ich hingegen wandere wieder in eine dichte Nebeldecke hinein.
Das Tal ist schnell erreicht, aber im nächsten Aufstieg merke ich genauso schnell dass die Luft für heute irgendwie raus ist. Mit jedem Meter bergauf fühle ich mich unwohler und auch eine ausgiebige Pause lässt die Kräfte nicht so richtig zurückkommen. Also entschließe ich mich zur nächsten Schutzhütte, Hulke, abzusteigen und mich einfach ein wenig hinzulegen um wieder zu Kräften zu kommen.
Aus einer kurzen Erholungspause sollte letztlich eine ganze Nacht werden. Selten habe ich so herrlich durchgeschlafen. Wahrscheinlich hatte mir einfach nur ausreichend guter Schlaf für die Etappe gefehlt.
Hulke – Gåsen – Sylarna
Nachdem ich Dank der kurzen Etappe am Vortag und der Schutzhütte mal wieder so richtig gut ausgeschlafen habe geht es schon früh am morgen wieder los. Bei leichtem Nieselregen, oder besser gesagt mitten drin in Nebel und Wolken, breche ich auf. Stetig bergauf geht es hoch zur Hütte Gåsen. Unterwegs treffe ich nur eine handvoll engegen kommende Wanderer und wir unterhalten uns kurz aber prächtig über die tolle Landschaft und das Wandern bei Regen. Immer wieder reißt das Wetter auf und eröffnet tolle Ausblicke in die wolkenverhangenden Berge.
Um die Hütte Gåsen herum wird es dann nochmal etwas sumpfig und so ist wieder einmal ein wenig balancieren auf den Steinen gefragt. Von hier geht es dann gleich wieder bergab zurück ins Tal entlang des Flusses Gåsån. Ich koche mir am gleichnamigen Shelter eine Trekkingmahlzeit und mache eine ausgedehnte Mittagspause. Ich habe mir für den rest des Tages schließlich nochmal ein wenig vorgenommen.
Zunächst gilt es den Gåsån zu überqueren. Die richtige Stelle zur Überquerung ist gar nicht so leicht zu finden, nach dem Regen des letzten Tages ist er letztlich kaum ohne richtiges Furten zu überqueren. Dank meiner Trekkingstiefel nutze ich aber guten Gewissens auch unter Wasser liegende Steine für das Queren und komme trocken am anderen Ufer an.
Von hier geht es zunächst am Fluss entlang und letztlich durch einen lichten und niedrigen Birkenwald zum Handølan, der inzwischen zu einem kräftigen Strom inkl. ausgeprägter Schlucht angewachsen ist. Flussabwärts in ein liebliches Tal fließend zeigt er flußaufwärts seine ganze Kraft. Zum Glück gibt es hier eine Brücke…
Danach geht es in den letzten Aufstieg des Tages. Südlich des Endalshöjden geht es wieder durch Heidelandschaft in Richtung Sylarna bevor es ins nächste Tal bergab geht. Hier schlage ich dann letztlich mein Nachtlager an den Langtjämen-Seen auf. Was für ein herrlicher Tag. Von Regen über Nebel bis zu Sonnenschein, einer Schlucht und tollen Seen bei Sonnenschein und toller Fjälllandschaft war heute wirklich alles dabei was man sich für so eine Tour nur vorstellt.
Sylarna – Blåhammaren
In der Nacht hatte ich Besuch. Von Rentieren. Ganz offensichtlich habe ich bei meiner Schlafplatzwahl wohl die Wildpfade auf diese karge Fläche übersehen und ich kam ehrlicherweise auf gar nicht auf die Idee dass ausgerechnet diese karge Fläche für Rentiere so interessant sein könnte. So kam ich also in den Genuss ein ums andere Mal von den Rentieren geweckt zu werden. Eines von Ihnen versuchte früh morgens auch gleich mehrfach auf das Zelt zu steigen. Beim Zeltabbau hat dann direkt neben mir ein Rentier genüsslich von den frischen Trieben zwischen dem feinen Schotter genascht. Ein tolles Erlebnis, aber den Tieren zu Liebe werde ich in Zukunft noch besser auf Wildpfade achten.
Die ersten Meter der Etappe waren nach diesem tollen Erlebnis dann ein klein wenig beschwerlich. Fast durchgängig bis zur kleinen Schutzhütte unterhalb der Sylarna Fjällstation ging es durch sumpfiges Gebiet. Wahlweise darf man hier also entweder einfach mit großen Spritzern und tief einsinkend in den Matsch steigen oder sich einen Weg über Steine und Grasinseln suchen. Aber auch das gehört einfach zum Fjäll dazu. Letztlich dauert es eben einfach ein wenig länger.
Ab der Schutzhütte dagegen sind wir wieder auf dem Jämtlands-Dreieck. Von hier an sind die Wege also wieder gut ausgebaut und jegliches Sumpfgebiet kann bequem über die ausgelegten, teils mehr als hundert Meter langen, Bohlen überquert werden. Das Sylarna-Gebirge nun im Rücken geht es auf dem südlichen Kungsleden nach Nordwesten in Richting Blåhammaren. Die Etappe ist im weiteren Verlauf weniger von spektakulären Aussichten geprägt als die vorangegangenen Tage, zeigt uns aber eben dafür noch viel mehr von der Heidelandschaft.
Wie üblich suche ich mir mit einigem Abstand erst nach der Hütte einen geeigneten Schlafplatz und werde, gerade rechtzeitig vor dem fast schon obligatorischem Regen am Abend, nach ca. 1km an einem See mit Blick zurück auf die Berge fündig.
Blåhammaren – Storulvån
Der nächste Morgen machte dann gleich wieder Lust auf mehr. Obwohl es der letzte Tag der Tour war, lockten klare Sicht und Sonnenschein um einfach früh aufzubrechen. Und so ging es dann auch schon weit vor den Hüttengästen durch die frische Morgenluft über den Höhenzug los. Zunächst natürlich noch einmal mit dem Blick zurück auf das Sylarna-Gebirge ging es dann meist bergab Richtung Storulvån.
Unterwegs dürfen wir dann noch einmal die verschiedenen Facetten des Jämtland genießen. Tolle Ausblicke in die Berge, ein paar wenige Restschneefelder, Sumpflandschaft und wilde Bäche.
Die letzte Flussüberquerung, offiziell als Furt bezeichnet ist, dann aber letztlich mit Betonschwellen deutlich entschärft. Zwar darf man hier auch mal ein paar wenige Zentimeter mit seinen Schuhen unter Wasser eintauchen, aber ein richtiges Furten mit Watschuhen oder Barfuß durch den sicher eiskalten Fluss war hier nicht nötig.
Im weiteren Verlauf der Etappe begegnet man dann immer mehr Tagesausflüglern die einfach mal von Storulvån aus die Landschaft erkunden wollen. Wenn sie wüssten wie viel mehr sie auf einer mehrtägigen Tour erleben könnten…
Ich gönne mir und dem STF an der Hütte noch die Service-Gebühr (80 SEK) für eine Dusche, sortiere mich und meine Ausrüstung und breche dann zum Startpunkt der nächsten Tour, dem Höga Ostkustleden, auf.
Fazit
Trekking im Jämtland ist wirklich eine Reise wert. Im Verhältnis zum schwedischen Lappland noch verhältnismäßig schnell zu erreichen bietet es sanfte Gebirgslandschaft mit super ausgebauten Wegen. Nur für das Jämtsland-Dreieck alleine wäre die Anreise aber natürlich trotzdem etwas weit. Aber wenn man schon mal hier ist kann man die Tour ganz nach Belieben noch ausbauen, da ist mein zweites Dreieck nur eine von vielen Optionen. Vom Anspruch her liegt die Tour irgendwo zwischen einer Tour in der Hardangervidda und dem Dovrefjell.
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