Wind- und wasserdichte Trekking-Handschuhe sind eine Wissenschaft für sich. Man braucht sie. Aber nicht oft genug um viel Gewicht in Kauf zu nehmen. Worauf es bei der Auswahl der richtigen Handschuhe zum Wandern ankommt.
Wie oft habe ich mir die Hände auf Tour schon abgefroren. Solange nur Kälte und Wind in die Glieder fährt kann man sich mit zahllosen winddichten Handschuhen beim Wandern behelfen. Wenn aber Regen dazu kommt erreicht man schnell die Grenze der meisten Handschuhe. Einmal nass ist es vorbei mit der Wärme. Und auf einer Tour mit Dauerregen wie auf meiner Tour rund um den Hardangerjokulen in Norwegen ist an ein Trocknen der Handschuhe nicht zu denken. Kein Wunder also dass ich schon lange auf der Suche nach wirklich variablen wasserdichten Handschuhen war.
Auf dem Weg dahin ist dieser Artikel entstanden.
Eigenschaften
Zuallererst stellt sich bei der Suche nach dem richtigen Trekking-Handschuh natürlich die Frage was er überhaupt alles können soll. Hier die wichtigsten Kriterien bei der Auswahl Deiner Outdoor-Handschuhe:
Isolation
Die Isolation ist wahrscheinlich das an was die meisten als allererstes denken wenn es um Trekking-Handschuhe geht. Die größtmögliche Isolationsfähigkeit haben Fäustlinge. Fleece-Materialien isolieren bei sehr wenig Gewicht, Wolle saugt sich bei Nässe sehr schnell voll, trocknet langsam und wärmt nass in aller Regel nicht mehr (Ausnahme: Merino-Wolle).
Wasserdichtigkeit
Nässe zieht Wärme, und das schnell. Gerade in beliebten Trekking-Zielen wie Norwegen, Schweden oder Island, aber auch in den Alpen, wo die Temperaturen auch im Sommer gerne mal an den Gefrierpunkt gehen sind trockene Hände wichtig. In wasserdichten Handschuhen schwitzt man zwar etwas mehr, dafür bleiben die Hände aber einfach warm.
Winddichtigkeit
Wind zieht neben Nässe am meisten Wärme. Schließlich bläst Wind auch durch viele Gewebe. Weitmaschige Gewebe wie es viele Wollhandschuhe haben verlieren bei Wind schlicht ihre Wirkung. Dazu kommt dann noch der Windchill-Effekt der uns nochmal einige Grad Temperatur nimmt. Neben diversen (Outdoor-) Windstopper-Materialien oder speziellem Membranen sind auch einfache Gummihandschuhe aus dem Haushalts- oder Gartenbereich winddicht.
Touchscreen Kompatibilität
Wer mit dem Smartphone navigiert sollte darauf achten dass das meist kapazitive Display bedienbar bleibt. Mit eingewebtem leitenden Gewebe an den Fingerkuppen (im Minimum an Daumen und Zeigefinger) kann man den nötigen Hautkontakt bei kapazitiven Displays überbrücken. Das ist dann zwar nicht mehr ganz so zielsicher in der Bedienung, aber weit praktischer als jedes mal einen Handschuh ausziehen und wegstecken zu müssen wenn man mal kurz auf die Karte sehen will.
Schnitt- und Stichfestigkeit
Wenn auf der Tour, wie z.B. bei vielen Hüttentouren, seilgesicherte Abschnitte gibt sollten die Handinnenflächen auf jeden Fall ausreichend robust sein. Ansonsten kann man sich an den Stahlseilen und den Befestigungen schnell auch mal eine Schnitt,- oder Stichverletzung (offene Drähte) an der Hand zuziehen. Berg- und Material arbeiten dem alpinen Wetter ausgesetzt einfach und so verschleißen die Seilsicherungen mit der Zeit.
Grip
Damit man an Halt an Seilsicherungen hat ist es wichtig dass die Handinnenflächen einen guten Grip haben. Trekking- und Klettersteighandschuhe haben dafür oft silikonisierte bzw. gummierte Handinnenflächen. Je nach Ausführung kann auch Leder einen guten Grip haben.
Handling
Damit man auch nasse Handschuhe, egal ob durch Schweiß oder Regen, noch gut ausziehen kann sind Ausziehhilfen in Form von Griffen an den Fingerkuppen oder großen Laschen bzw. Riemen am Bund praktisch. Um nicht immer der zweiten Handschuh in den Weiten des Trekkingrucksacks suchen zu dürfen sind Befestigungsclips obligatorisch. Wobei man sie natürlich auch einfach wie Socken ineinander stülpen kann.
Passform und Größe
Ein Handschuh muss passen. Sind sie zu eng oder zu groß reduziert das die Isolationswirkung und auch das Gefühl für den richtigen Griff geht uns bei unpassenden Handschuhen abhanden. Die richtige Größe kann man zwar versuchen über das Ausmessen des Handumfangs an der Mittelhand herauszufinden, genormt sind Handschuhe aber nicht. Letztlich ist die Passform bei der Anprobe entscheidend. Du merkst sofort ob Dir ein Handschuh passt oder nicht.
Gewicht
Handschuhe sind beim Trekking die allermeiste Zeit im Rucksack. Sie dürfen also gerne leicht sein. Expeditionshandschuhe braucht es für die meisten von uns nicht.
Variabilität
Alle Eigenschaften in einen einzigen Handschuh zu vereinen ist kaum möglich – wer also viele verschiedene Touren macht freut sich darüber wenn ein Handschuh möglichst variabel einsetzbar ist. Beispiele für Variabilität bei Handschuhen:
- Kapuzenhandschuhe: Innen Fingerlinge mit aufklappbarem Fäustling; maximale Isolation bei voller Beweglichkeit der Finger wenn nötig
- Handschuhsystem: isolierende Innenhandschuhe mit wasserdichtem Außenhandschuh; wahlweiser Einsatz je nach Anforderung für Kälte, Nässe oder beidem
Erfahrungen
Obwohl es Unmengen an Handschuhen zum Wandern auf dem Markt gibt ist es mir lange schwer gefallen die richtigen Trekking-Handschuhe zu finden. Schließlich sollen sie im besten Fall alle Eigenschaften in einem vereinen.
Leichte, bei Bedarf wärmende, wind- und wasserdichte Alternativen sind auf dem sonst so überfüllten Outdoor-Ausrüstungsmarkt tatsächlich eher rar.
Fleece-Handschuhe
Fleece-Stoffe sind sehr leicht und bieten trotzdem eine hohe Wärmeisolierung. Es kommt allerdings sehr auch die Art des Fleeces an was es wirklich kann. Für Handschuhe sollte es auf jeden Fall ein sehr feines, dichtes, Material wie Polartec sein. Durch grobes Fleece pfeift der Wind.
Softshell-Handschuhe
Bisher habe ich mir meist mit winddichten Softshell-Handschuhen beholfen. Das reicht oft aus, aber wenn es das Regnen anfing kamen die Handschuhe schnell an ihre Grenzen. Sie saugen sich an der Hand sehr schnell voll, trocknen sehr langsam und sind nach einer nasskalten Nacht im Zelt eben auch noch am nächsten morgen kalt und nass. Für Hüttentouren reichen sie in der Regel aber aus da man sie ja in der Hütte über Nacht ganz einfach trocknen kann.
Wollhandschuhe
Wollhandschuhe eignen sich in meinen Augen nur wenn sie aus Merinowolle sind und auch dann nur als Liner unter einem Überhandschuh. Sie können zwar an sich gut wärmen, Wind pfeift aber schnell durch Wolle durch und einmal nass bekommt man Wolle einfach nicht so schnell trocken. Hier hat Merinowolle zumindest noch den Vorteil auch nass noch zu wärmen.
Lederhandschuhe
Leder ist an sich wasserdicht, schnittfest, aber eben auch schwer. Durch die Nähte sind sie auch nicht mehr wirklich wasserdicht. So eignen sie sich für mich maximal für harte Beanspruchungen wie bei Klettersteigen. Aber dafür gibt es heute besser geeignete Handschuhe. Als Besatz der Innenflächen kann strapazierfähiges und griffiges Leder aber Sinn machen.
Garten- oder Haushaltshandschuhe
Wenn man ein wenig sucht dann findet man im Haushaltsbedarf atmungsaktive wasserdichte Handschuhe für wenig Geld. Meist sind sie mit Polyurethan beschichtet, aber wenige sind wirklich komplett wasserdicht – der Handrücken bleibt hier oft offen. Andrew Skurka hat aber gleich mehrere Handschuhe gefunden die die für den Outdoor-Einsatz taugen, u.a. die Showa 281 Gloves. Für etwas mehr Wärme kann man dann einfach noch einen dünnen günstigeren Fleece-Handschuh drunter anziehen. Dafür solltest Du aber dann die Außenhandschuhe 1-2 Nummern größer als normal wählen. Günstigere wasserdichte Handschuhe als Haushaltshandschuhe wird man kaum finden.
Überziehhandschuhe
Klassische Überziehhandschuhe sind Fäustlinge (Mitts bzw. Mittens) die bei Bedarf einfach über andere Handschuhe übergezogen werden. Für´s Trekking und Wandern gibt es viele Mitts die einfach nur wasserdicht und atmungsaktiv sind. Je nach Bedarf kann man dann drunter noch für zusätzliche Isolation sorgen. Als Fäustling sind sie sehr leicht und haben nur wenige anfällige Nähte. 10g leichte Überhandschuhe findet man schon für wenig Geld.
Sealskinz
Die Sealskinz-Handschuhe waren an sich meine erste Wahl. Wasserdicht, warm, Grip an den Innenflächen und dabei auch noch ausreichend Leicht. Leider fallen sie aber sehr eng aus. So waren für mich gleich mehrere Größen so eng, dass sich meine Finger richtiggehend eingeengt angefühlt haben. Leider sind die Outdoor-Handschuhe von Sealskinz damit schon bei der Anprobe durchgefallen. Schließlich kühlen zu eng anliegende Handschuhe eher aus anstatt zu wärmen. Das ist aber eine Sache der Passform, vielleicht passen Sie Dir ja!
Klettersteighandschuhe
Am Handrücken meist grobporige textile Materialien um die Wärme gut abzuleiten, die Handflächen meist aus Leder oder griffigen Gummierungen. Die Fingerlinge gehen bis zum vordersten Fingerglied. Klettersteighandschuhe würde ich mir nur genauer ansehen wenn ich wirklich schwierige Klettersteige auf der Tour zu bewältigen hätte.
Radhandschuhe
Gepolsterte Innenhand, freie Fingerspitzen für den Fels oder einen Touchscreen, oft günstig zu haben. Ich nutze sie hin- und wieder bei Hüttentouren anstelle von teuren Klettersteighandschuhen für seilgesicherte Stellen. Wenn man aber richtige Klettersteige angeht würde ich von Radhandschuhen abraten. Die Länge der Fingerlinge ist für einen Radlenker passend, beim Umgreifen einen Stahlseiles können aber gerade an den Enden der Fingerlinge auf Dauer Blasen entstehen.
Systeme
Ein Handschuhsystem besteht aus Innen- und Außenhandschuhen. Im Idealfall sind sie voll aufeinander abgestimmt und bilden so ein mehrlagiges System das für verschiedene Bedingungen variabel eingesetzt werden kann. Im Endeffekt ist es die Übertragung des bekannten Zwiebelsystems auf Trekking-Handschuhe.
Ich selbst nutze nach meiner langen Suche aktuell die Outdoor Research Versaliner Gloves mit Polartex Innen- und Pertex Shield Außenhandschuhen wenn ich Regen erwarte. Bleiben die Temperaturen unter dem Gefrierpunkt, ist also auch kein Regen zu erwarten, greife ich zu meinen winddichten Kapuzenhandschuhen aus dem Fotografiebedarf. Bei Bedarf freie Fingerkuppen und ansonsten durch die Fäustlingskapuze immer warme Hände.
Outdoor Research Versaliner Gloves
Die Outdoor Research Versaliner Gloves sind erstmal ganz einfache Fingerhandschuhe. Die Besonderheit an den Handschuhen: Sie haben zusätzlich zum wärmenden und dicht gewebten Fleece-Innenhandschuh einen passenden wetterfesten Außenhandschuh. Wenn es also nur um Kälteschutz geht dann reicht es aus den Innenhandschuh anzuziehen. Zieht dann aber Regen auf, dann kann man noch den wetterfesten Außenhandschuh überziehen und hat dann Wärme und Regenschutz in einem.
- Wasserdichtigkeit: Die Außenhandschuhe halten was sie versprechen. Der Stoff an sich ist mit seiner Beschichtung wasserdicht. Da die Nähte aber (leider) nicht abgedichtet sind, sind sie jedoch nicht vollständig wasserdicht. Es kommt allerdings so wenig Wasser durch dass sie meinen Anforderungen für einen regnerischen Tourentag absolut genügen. Die Innenhandschuhe saugen sich nicht mit Wasser voll, die Hände sind wind- und feuchtigkeitsgeschützt und nach einer Nacht im Zelt sind die Außenhandschuhe auch schon wieder trocken. Da die Handschuhe eine Beschichtung haben die sich vor allem in der Innenhand mit der Zeit ein wenig abnutzt imprägniere ich sie einfach regelmäßig nach.
- Isolation: Für Touren bis knapp über den Gefrierpunkt reichen mir die Handschuhe absolut aus. Wenn man beide Lagen trägt kann es eher sogar ein wenig zu warm werden. Wem das nicht reicht der könnte kleine Wärmepads in das Fach auf dem Handrücken stecken – diese Option nutze ich selbst aber nicht. Im Review vom SectionHiker (englisch) kannst Du Dir das aber genauer ansehen.
- Passform: Beim ersten Anprobieren sitzen die Innenhandschuhe eher eng. Aber schon noch kurzer Zeit schmiegen sich die Handschuhe angenehm um Hand und Finger. Der Bund bleibt etwas straff, zum Ausziehen hat Outdoor-Research den Handschuhen aber praktische Zuglaschen gegönnt.
- Grip: Das Silikon-Griffpolster reicht aus um die Handschuhe angenehm griffig zu machen. Trekkingstöcke oder kurze seilgesicherte Abschnitte auf Tour sind mit den Handschuhen kein Problem. Aber Vorsicht – sie schützen nicht vor freien Drähten bei verschlissenen Drahtseilen und sind auch nicht besonders robust! Die Silikonisierung hilft außerdem gut die glatten Außenhandschuhe in Position zu halten. Da hatte ich Anfangs bedenken, die sich aber schnell zerstreut hatten.
- Handling: Die Überhandschuhe finden in den Reißverschlußtaschen auf dem Handrücken der Handschuhe ausreichend Platz. Was mir gut gefällt sind die großen Riemen am Saum. Sie helfen die Handschuhe auch feucht leicht An- und Auszuziehen. Die kleinen Clips zum Befestigen der Handschuhe sind vielleicht etwas klein geraden und lassen sich schwer bedienen. Eine Funktion die ich mir noch gewünscht hätte wären Touch-Display kompatible Fingerkuppen – So darf man bei Regen immer die Handschuhe ausziehen wenn man mit Smartphone navigiert.
Fazit
Um wahlweise Nässe, Wind, Kälte, Beanspruchung oder auch mal eine Kombination von mehreren Anforderungen bedienen zu können ist ein Handschuhsystem aus einem zur Tour passenden Innenhandschuh und einem wetterfesten Außenhandschuh am variabelsten. So kannst Du einfach immer genau das richtige je nach Tourcharakter mitnehmen.
Mit günstigen wind- und wasserdichten Überziehhandschuhen / Mitts kannst Du Dir je nach Tour den passenden Innenhandschuh auswählen. Noch günstiger bist Du unterwegs wenn Du zu wasserdichten Haushaltshandschuhen als äußerste Schicht greifst.
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