Holzvergaser-Kocher: Funktionsprinzip, Anleitung zum selber bauen, Praxistest und Vergleich. Spare Geld + Gewicht und koche rauchfrei auf Feuer!
Funktionsprinzip
Angeregt durch die an sich schon positiven Erfahrungen mit dem kleinen Picogrill 85 – Hobo hat mich die Lust auf das Kochen mit Feuer wieder gepackt. Was mich an einem klassischen Hobo aber stört ist die Rauchentwicklung, der Ruß am Topf und die am Topf vorbeischlagenden Flammen. Das müsste doch auch besser und effizienter gehen, schließlich ist Rauch ein Zeichen für eine unvollständige Verbrennung.
Das Prinzip eines Holzvergaser-Kochers:
- Die (Primär-) Verbrennung findet in einer Brennkammer von oben nach unten statt
- Zwischen Brennkammer und Außendose entsteht ein Luftzug durch den Kamineffekt
- Das unter der obersten Schicht der Primärverbrennung entstehende Holzgas (Pyrolyse) steigt im Brenner nach oben auf.
- Die Luft zwischen Brennkammer und Außendose wird durch die Hitze in der Brennkammer erwärmt.
- Die erhitzte sauerstoffeiche Luft wird durch die Düsen in die Brennkammer geblasen wo sie auf das Holzgas trifft und sich mit ihm vermischt.
- Das Luft-Holzgas-Gemisch verbrennt unter hoher Temperatur (Sekundärverbrennung)
- Dabei verbrennen etwaig entstehende Rauchgase gleich mit und die Glut des Holzes in der Brennkammer wird angefacht
Soweit die Theorie. Ob bei den kleinen Holzvergaser-Kochern nun wirklich das Holzgas erst über die Sekundärverbrennung verbrannt wird oder doch wie bei jedem normalem Feuer direkt als Flamme bei der Primärverbrennung? Im Minimum bleibt bei dieser Bauart durch die vorgeheizte Luft eine sauberere Verbrennung. In der Realität liegt die Wahrheit je nach Modell und Bedienung wohl irgendwo dazwischen.
Streng genommen ist also ein Holzvergaserkocher kein reiner Holzgaskocher. Aber das wäre für den Outdoor-und Trekkingeinsatz auch gar nicht sinnvoll. Schließlich wollen wir keine Kohle herstellen sondern einfach nur schnell, rauchfrei, sauber und effizient kochen.
Wer mehr über die Theorie erfahren will und (zu) viel Zeit hat hier weitere Informationen und vor allem Diskussionen zum Funktionsprinzip von Holzvergaser-Kochern:
- Aus einem zunächst falsch benanntem MYOG-Hobo hat sich eine Diskussion auf den Outdoorseiten ergeben
- Der Soloreisende hat eine weitere Diskussion die sich an seinem kombinierten Hobo / Bushbuddy entzündet hat ausführt kommentiert und beschreibt dabei auch nochmal das Funktionsprinzip
MYOG: Holzvergaser-Kocher selber bauen
Da die meisten Holzvergaserkocher entweder zu teuer, zu groß oder zu schwer sind habe ich mir einige DIY-Anleitungen angesehen. So richtig glücklich bin ich aber mit keiner Variante geworden und so habe ich den Bau des MYOG-Holzvergasers für mich angepasst. Was mir im Gegensatz zu anderen MYOG-Holzvergasern wichtig war:
- viele kleinere Brennerdüsen (oberer Bohrungsdurchmesser)
- stabiler Topfstand der auch als Windschutz dient
- kleine mittige Flamme für kleine Töpfe
- schmaler Spalt zwischen Brennkammer und Außendose für einen starken Kamineffekt
- so kompakt wie möglich
Vorbereitung
Das schöne an dieser Anleitung: Du kannst den Holzvergaser tatsächlich für 0€ selber bauen. Dafür musst Du nur Dosen sammeln die ansonsten weggeworfen werden würden. Alles was Du an Werkzeug brauchst gibt es ohnehin in jedem Haushalt oder kann durch einfache Werkzeuge ersetzt werden.
Achtung: Beim Bau des Kochers können scharfe Kanten entstehen. Am besten entgratest Du scharfe Kanten direkt nach jedem Bearbeitungsschritt.
Baumaterial
- 1 große Dose, ∅ x h ca. 99 x 19 mm (z.B. Bohnen, Linseneintopf o.ä.)
- 1 mittlere Dose, ∅ x h ca. 90 x 112 mm, etwas kleiner als die große Dose (z.B. Weißkrautdosen)
- 1 mittlere Dose, ∅ x h ca. 90 x 43 mm, Höhe ca. 40mm (z.B. Tunfischdose) die auf die höhere mittlere Dose passt
Tipp: Alternativ kannst Du Dir für die große Dose im Baumarkt auch eine 0,75l „Leergebinde Blechdose“ (ca. 1,30€) besorgen. Wenn Du den Deckel entfernst hast Du schon die Öffnung für die Brennerdose. Dafür musst Du dann aber die kleineren Standarddosen nehmen (z.B. Baked Beans).
Werkzeug
- Bohrer (∅ 6,5 mm); alternativ Aale, Messer o.ä.
- Messer oder Blechschere
- Stahlfeile zum Entgraten
Wenn Du am Ende nicht nur einen funktionierenden sondern auch halbwegs schönen Holzvergaserkocher haben willst bohrst Du am besten die Löcher immer zunächst mit einem kleinen Bohrer vor, dann verbeult die Dose nicht.
Bei allen Dosen entfernst Du gleich zu Beginn das Papier.
Brennkammer
Für die Brennkammer verwenden wir die hohe mittlere Dose.
- obere Düsen bohren, 12 x ∅ 6,5mm, Abstand zum oberen Rand ca. 15mm
- untere Luftlöcher bohren: 2 versetzte Reihen á 8 x ∅6,5mm, Abstand der unteren Reihe zum Rand ca. 15mm
Luftkammer
Die Luftkammer bauen wir aus der großen Dose:
- Luft-Einlasslöcher am offenen Dosenrand (Kocherboden) bohren, 1 Reihe á 12 x ∅6,5mm, Abstand zum Rand der unteren Reihe ca. 15mm
- Loch für den Einsatz der Brennkammer mit Messer oder Blechschere ausschneiden. Damit zwischen Brennkammer und Luftkammer keine Luft ohne Verbrennung austritt am besten einen etwas kleineren Durchmesser schneiden und die Öffnung dann mit dem Boden der kleinen Dose solange weiten bis die Dose stramm eingesetzt werden kann und bündig abschließt
Topfstand mit Hitzeleitblech
Für den Topfstand nutze ich die flache Dose mit dem gleichen Durchmesser wie bei der Brennkammer. Dabei soll der Topfstand gleich mehrere Zwecke erfüllen: Windschutz, stabiler Topfständer und Flammenbildzentrierung.
- Dosenboden mit 5-10mm Abstand zum Rand heraustrennen
- auf ca. 50mm Umfang eine Trapezförmige Öffnung anreißen
- untere Luftlochreihe bohren (7 Bohrungen, gleichmäßig verteilt)
- obere Luftlochreihe bohren (6 Bohrungen, versetzt zu unteren Reihe)
- Das Seitenblech wie in Schritt 2 angerissen ausschneiden, dabei aber den stabilen unteren Rand stehen lassen
- den Rand des Dosenbodens mit einem runden Stahl konisch weiten (z.B. mit einem großen Schraubenzieher)
Wenn Du einen größeren Topf nutzen willst kannst Du auch eine weitere großen Dose kleinerer Höhe (z.B. eine Fleischkonservendose) verwenden. Die Schritte sind dann die gleichen wie oben beschrieben, nur solltest Du mehr Bodenblech stehen lassen damit die Flamme zentriert wird.
Da dieser Topfstand die gleichen Maße wie die Dose der Brennkammer hat sitzt er zwar sehr gut, erhöht aber natürlich das Packmaß da man ihn nicht im Kocher verstauen kann. Wenn Du ihn zum Transport zwischen den beiden Dosen verstauen willst, dann müsstest Du eine Zwischengröße finden.
einfacher Topfstand
Alternativ zum Topfstand mit Hitzeleitblech kannst Du auch einfach einen Streifen Dosenblech, Lochblech oder etwas stärkeres Drahtgitter verwenden.
- Streifen auf ca. ¾ Umfangslänge und 40-50mm Höhe zuschneiden
- beim Blechstreifen (z.B. aus einer Dose) versetzte Reihen mit Löchern bohren (entfällt beim Lochblech natürlich)
- Blechstreifen biegen so dass er in den Innenring des großen Topfes passt und rundrum gut aufliegt
Diesen Blechstreifen kannst Du zum Transport dann sehr einfach platzsparend zwischen beiden Dosen oder in der Brennkammer verstauen.
Montage
Der Zusammenbau ist am Ende wirklich simpel…
- Brennkammer (kleine Dose) von oben in die Luftkammer (größere Dose) einsetzen. Ggf. beim Einpassen etwas mit dem Dosenboden der kleineren Dose die Öffnung in der großen Dose weiten bis beide Dosen luftdicht miteinander abschließen.
- Topfstand auf den Vergaser stellen.
Das war es schon, der Holzvergaser ist fertig!
Praxistest
Nachdem der Holzvergaser selbst gebaut ist muss er sich natürlich noch in der Praxis beweisen. Dabei solltest Du von vornherein beachten dass der Boden des Holzvergasers wie der ganze Kocher extrem heiß wird. Direkt auf dem Boden wird unter ihm alles verkohlen wenn nicht sogar Feuer fangen. Also muss ein feuerfester Untergrund und ausreichend Abstand zu brennbaren Materialien her. Zur Sicherheit stellst Du Dir immer auch noch Löschwasser für den Fall der Fälle bereit.
Daten des Dosen-Holzvergaser-Kochers:
- Gewicht: 144g (gewogen)
- Packmaß: je nach Topfstand 9,9 x 11,9/16 cm
- Auflagemaß Topfstand: 8,5 cm
- montiertes Maß: 9,9 x 16 cm
Im Praxistest habe ich der Einfachheit halber direkt eine Feuerstelle genutzt, ansonsten käme die Zeit zur Vorbereitung einer geeigneten Kochstelle noch dazu. Da der große Vorteil eines Holzkochers darin liegt keinen Brennstoff mitschleppen zu müssen habe ich auch im Praxistest das Holz erst vor Ort gesammelt.
Tipp: Verwende wirklich nur Holz und Rinde! Butzeln (Tannenzapfen, Kieferzapfen etc.) enthalten sehr viel Harz – da qualmt sogar ein Holzvergaser.
Vor dem Anzünden wird die Brennkammer einfach von unten (etwa daumengroße Holzstücke) nach oben mit immer kleineren Holzstücken und Ästen befüllt.
Um die Holzvergasung in Gang zu setzen reicht es aus den Kocher jetzt von oben anzuzünden. Nach 1-2min ist er dann schon warm genug, der Kamineffekt startet und verbrennt das vorgeheizte Luft-Holzgasgemisch in der Sekundärverbrennung.
Leistungsdaten:
- Zeit bis zum Zünden der Düsen: 1:30 min
- Kochzeit von 0,5l Wasser: 7 min (nach dem Zünden)
- Brennstoffverbrauch: habe ich nicht gewogen, war aber deutlich weniger als bei meinem Picogrill Hobo
Die Verbrennung ist dabei tatsächlich um einiges sauberer als bei einem Hobo und dabei auch noch rauchfrei.
Rauchfrei? Aber auf dem Titelbild dieses Artikels sieht man doch Rauch?
Wenn Du genau hinsiehst, dann stellst Du fest dass sich da eine Beschichtung im Inneren der Topfständer-Dose (in meinem Fall Thunfisch) in Rauch auflöst. Das hat sich dann aber nach dem ersten Einsatz ja erledigt.
Kritischer ist es wenn Du die Brennkammer zu dicht gepackt hast. Mir ist einmal schlicht die Glut erstickt was den Holzkocher dann zu einer Rauchkartusche werden lies. Das ist wohl der Preis für die Bauart ohne großzügige Bodenlöcher.
Der Topfstand ist für einen kleinen Topf stabil genug und durch die Wahl einer formschlüssig passenden Dose für Topfstand und Brennkammer verrutscht er nicht. Die Flammenzentrierung und der Windschutz haben sich auch als effektiv erwiesen. Es schlagen kaum Flammen am Topf vorbei.
Wem das nicht so wichtig ist der kann als Topfstand natürlich auch einen Drahtgitter- oder einen gelochten Blechring verwenden. Diese lassen sich für den Transport platzsparender zwischen den beiden Dosen oder in der Brennkammer verstauen.
Holzvergaser-Vergleich
Unser selbst gebauter Holzvergaser-Kocher funktioniert, das ist super. Aber wie schlägt er sich letztlich im Vergleich zu anderen Holzvergasern?
Kocher | Gewicht | Kochzeit | Packmaß [dxh] | Preis |
---|---|---|---|---|
MYOG Holzvergaser | 144g | 7 min/0,5l | 9,9 x 11,9 cm | 0,- € |
Bushbuddy Ultra | 144g | 8-10 min/l | 10,9 x 9,5 cm | 149,- € |
Canway Holzvergaser | 580g | k.A. | 14 x 8 cm | 28 € |
Solo Stove Lite | 255g | 8-10 min/l | 10,8 x 9,7 cm | 85 € |
Lixada Typ1 | 380g | k.A. | 14 x 7 cm | 29,- € |
Anmerkung: mit Ausnahme des MYOG-Kochers alle Daten aus Herstellerangaben, Preise sind Handelspreise Stand April 2022
Wie man sieht schlägt sich der MYOG-Holzvergaser nicht schlecht. Zwar ist er nicht ganz so schnell in der Kochzeit, dafür liegt er aber in Gewicht im Spitzenfeld und in den Kosten klar vorne. Beim Packmaß hängt es von der Variante des Topfstandes ab wo sich unser Kocher einreiht.
Einen Punkt will ich aber nicht unterschlagen: Unser Dosen-Holzvergaser besteht aus Weißblech – er wird also früher oder später anfangen zu rosten. Da sind die am Markt erhältlichen Holzvergaser aus Edelstahl sicher langlebiger.
Fazit: Holzvergaser-Kocher machen einfach Spaß
Kochen auf Feuer macht einfach Spaß. Auf einem Holzvergaser ist das auch noch effizient und nahezu rauchfrei möglich. Dabei wiegen Holzvergaser zwar etwas mehr als einfache Hobos, reduzieren aber eben auch die Nachteile eines Hobos wie z.B. Funkenflug oder Rußbildung. Durch das eingesparte Brennstoffgewicht ist er zusätzlich eine echte Alternative zu anderen Trekking-Kochern beim Ultraleicht-Trekking. Im Gegenzug kann man mit ihm aber nicht im Zelt kochen und muss sich etwas Vorbereitungszeit einplanen.
Holzvergaser-Kocher Vorteile
- (nahezu) rauchfrei
- wenig Ruß
- kostet in der MYOG-Variante nur ein wenig Zeit
- wenig Funkenflug, zentrierte Flamme
- weniger Holzverbrauch als bei offenen Hobos
- für einen Holzkocher relativ sauber
Holvergaser-Kocher Nachteile
- nur auf feuerfestem Untergrund einsetzbar
- MYOG-Variante rostet über kurz oder lang
- längere Vorbereitungs- und Kochzeit als z.B. bei Gaskochern
- häufiges Nachlegen nötig
- großes Packmaß
- klappert wenn Topfstand platzsparend von unten verstaut wird
Holzvergaser selber bauen
Mit wenig Werkzeug und überall verfügbaren Dosen ist ein nahezu rauchfreier Trekking-Kocher in wenigen Minuten selbst gebaut. Im Vergleich braucht er sich dabei in Gewicht und Kochzeit nicht zu verstecken. Bei der Lebensdauer dürfte der MYOG-Holzvergaser aber wohl den Kürzeren ziehen da er schnell anfängt zu rosten. Alles in allem ein kostenloser Einstieg in die Welt der Holzvergaser-Kocher und genau das Richtige für alle die Spaß an MYOG haben.
Du interessierst Dich für Outdoor- und Trekking-Kocher? Hier gibt es noch mehr zum Thema: